Die Geschichte der Skateboard-Videographie

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Skateboarding und Videographie sind seit langer Zeit ein unzertrennliches Paar. Unabhängig davon, ob man jetzt die besten Tricks ihrer Art raushaut, oder die verdammt guten Vibes der Session einfangen möchte, wird bei fast jeder Session mindestens einmal die Kamera (oder das Smartphone) ausgepackt.

Skateboarding ist eine Kunst, welche im Gegensatz zu Farbe auf einer Leinwand nicht einfach dort bleibt und trocknet, sondern binnen Sekunden wieder verschwindet. Wenn man einmal nicht hinguckt, verpasst man unglaublich viele artistische Bewegungen, ästhetische Manöver und atemberaubende Geschehnisse. Somit ist es sowohl verständlich, als auch wichtig, diese tricky (Wortwitz beabsichtigt) Kunstwerke irgendwie festzuhalten.

Powell Peralta

Um in eine Zeitperiode zu kommen, als das Skateboarding und die Videographie noch nicht Hand in Hand gingen, muss man einige Dekaden zurückreisen. Viele Leser dieses Beitrags waren zu dieser Zeit wahrscheinlich noch nicht geboren beziehungsweise so jung, dass sie sich kaum dran erinnern.

In den 1970er Jahren wurden vereinzelt Skateboarding-Contests, oder professionelle Skater gefilmt. Meist geschah dies im Zuge von Berichten für diverse lokale, oder landesweite Berichte im US-Fernsehen. Einer der Profis aus dieser Zeit, war Stacy Peralta. Merkt euch diesen Namen.

In den wilden 70ern waren Profis für gewöhnlich Teenager.

Kommerzielle Skateboards wurden größtenteils von Spielzeugfirmen produziert und vermarktet. Somit gehörte man mit 18 Jahren schon zum alten Eisen und war gezwungen sich einen „echten Job“ zu suchen.

Stacy Peralta war sich dem baldigen Ableben seiner professionellen Karriere bewusst und musste handeln. Da er seiner Zeit einer der besten Slalom-Fahrer war, war er auch einer der Wenigen, die Prototypen neuer Kreationen eines Ingenieurs aus Los Angeles fahren durfte. Dieser Ingenieur war George Powell. Powell hatte schon in den 50ern Skateboards gebaut und wurde im Laufe der 70er Jahre wieder auf das Skateboarding aufmerksam. Er war von der Entwicklung der Boards und deren Komponenten fasziniert. Dies brachte ihn dazu, Urethan zu kaufen und es in seinem Haus zu Skateboard-Rollen zu backen.

Als George seinen Job in der Luftfahrt-Branche verlor, zog er nach Santa Barbara um die neu gefundene Leidenschaft, Skateboards herzustellen, zu seinem Beruf zu machen. Kurz darauf hängte Stacy Peralta seine (professionelle) Skateboard-Karriere an den Nagel und trat mit George Powell erneut in Verbindung. Gemeinsam gründeten sie einer der bis heute legendärsten Skateboard-Firmen: Powell Peralta. Zusammen wollten sie DIE Firma für Skateboards werden. Sie begannen damit, die besten (Nachwuchs-)Skater des Landes unter ihren Schirm und Vertrag zu nehmen. Darunter gehören heutige Legenden wie Tony Hawk, oder Steve Caballero. Zum damaligen Zeitpunkt waren sie noch Teenager.

Anfang der 1980er wurde neben dem Skateboarding selbst, auch eine ganz andere Technologie immer populärer: VHS-Kassetten. Die beiden Männer hinter Powell Peralta sahen in dem neuen Format das Potential, das Skateboarding noch weiter in seiner Popularität zu steigern. Stacy und George beschlossen somit ein Skateboard-Videotape zu veröffentlichen.

Peralta trommelte alle Teammitglieder zusammen, um mit ihnen durch die Staaten zu touren und die Tricks der Fahrer auf Film festzuhalten. Damals waren Camcorder allerdings noch kein allseits verbreitetes Tool, welches jeder zu Hause (oder in der Hosentasche) hatte. Aus diesem Grund mietete Peralta professionelle Kameras und Filmrollen.

Film war teuer und begrenzt. Aus diesem Grund konnte nicht viel Zeit mit einem dutzend Versuchen für einen Trick verschwendet werden. Wer den Trick nicht innerhalb von fünf Anläufen schaffte, wurde oftmals angeschnauzt, beziehungsweise überredet etwas anderes zu machen. Man konnte schließlich nicht einfach die Aufnahme löschen. Wenn die Kamera rollte, dann rollte sie. Wenn was auf Film war, dann war es auf Film.

Nach viel Stress, Schweiß, Blut und verflogenem Budget, kam dann das erste Skateboard-Video seiner Art auf den Markt. Im Jahre 1984 veröffentlichte Powell Peralta „The Bones Brigade Video Show“ auf VHS. Darin enthalten waren die zur Zeit besten Tricks und Manöver von Steve Caballero, Tony Hawk, Mike McGill, Lance Mountain, Rodney Mullen, Stacy Peralta und Per Welinder.

In den folgenden Jahren legte Powell Peralta nach und veröffentliche VHS-Kassetten, welche bis heute als Meisterwerke gehuldigt werden. Dazu gehören unter anderem „Future Primitive“ aus dem Jahre 1985, das 1987 veröffentliche „The Search for Animal Chin“ und das 1988 publizierte „Public Domain.“

Dieser Diskurs der Geschichte scheint etwas aus den Rudern geraten zu sein, ist aber notwendig, um die weitere Entwicklung der Skateboard-Videographie zu verstehen und zu schätzen.

Die 1980er

Eines der ersten Skateboarding Full-Length Videos, welches zwar von Stacy Peralta’s Werken inspiriert war, aber aus anderem Hause stammt, war H-Street’s „Shackle Me Not“ (1988).

Dieses Video unterscheidet sich vor allem im vorhandenen Budget von den Powell Peralta Produktionen. Es wurde nicht mit professionellem, gemietetem Equipment gefilmt, sondern mit Camcordern, welche in immer mehr Haushalten Verwendung fanden. Dies gab dem Ganzen ein unpoliertes DIY-Gefühl, welches nicht nur dem Zeitgeist entsprach, sondern auch die Zuschauer ganz anders an die Skater gebunden hatte. Nach diesem Tape wurde aus Skateboarding-Videos mehr als nur Promotion-Material. Sie wurden zu einer Art Tagebuch und einer Möglichkeit als Skater, den Zuschauern nicht nur Tricks, sondern auch Persönlichkeit zu zeigen.

Die 1990er

Dem Erfolg von Powell Peralta und H-Street folgend, begann nahezu jede Firma ein Video auf Kassette zu veröffentlichen. Zur gleichen Zeit war das Interesse in Skateboard-Contests (vor allem Vert) gänzlich verschwunden. Somit wurden die Videos zur nahezu einzigen Möglichkeit für Profis, ihr Können unter Beweis zu stellen.

In dieser Zeit setzte sich auch die „Formel“ für gute Skate-Videos fest. Von unausgesprochenen Regeln wie „NICHT VON HINTEN FILMEN“ (Buttshot), oder „TIC-TACS VERMEIDEN“ bis hin zum Aufbau eine Video-Parts, etablierten sich Full-Lengths in den frühen 1990ern.

Im weiteren Verlauf der Dekade dominierten vor allem Girl Skateboards und Plan B die VHS-Recorder der Skater.

Die 2000er

In den frühen Jahren des neuen Jahrtausends nahm Skateboarding und das Filmen davon eine weitere Rolle ein. Mit der wachsenden Popularität des Sports selbst, MTV und dem vom Skateboarding beeinflussten Jackass, hatten Skate-Videos nicht nur mehr popkulturelle Einflüsse, sondern popkulturelle Medien-Outlets (z.B. MTV) schauten sich auch einiges vom Editing der  Skate-Clips ab.

Im Laufe der 2000er begann unter anderem auch das digitale Zeitalter. Handheld-Camcorder wurden günstiger und waren leicht zu bedienen. Videobearbeitung benötigte keine drei (Röhren-)Bildschirme, zwei Computer und zwei weitere VHS-Recorder mehr. Ein einziger Computer begann all dies abzulösen und war mehr als genug für die Produktion hochwertiger Videos.

Zudem wurde es immer gängiger Videos in Netz zustellen. Dies nahm zunehmend andere Maßstäbe an, als YouTube im Jahre 2005 das Licht der Welt erblickte. Plötzlich war es möglich den ganzen Tag Skateboard-Videos zu gucken. Unabhängig davon ob es nun Pro’s waren, oder sonst jemand am anderen Ende der Welt. Es ist fast schon schwer sich vorzustellen, wie es vor YouTube war.

Die 2010er

Dank der immer besser (und kleiner) werdenden Technologie, wurde es immer leichter, qualitativ hochwertige Tricks aufzunehmen. Professionelle Skateboard-Videos wie zum Beispiel „Pretty Sweet“ setzten neue Maßstäbe im Bezug auf die Videoproduktion von Full-Lengths. Neben dem Pro-Skating konnten, dank diversen Monetarisierungs-Modellen, Skater von ihrem Hobby leben, ohne auf dem Level eines Profis zu sein. Skateboarder die in der Dekade davor just for fun YouTube-Videos machten, konnten nun gut davon leben einfach eine unterhaltsame Persönlichkeit zu sein.

Smartphones wurden Mainstream und damit hatte auch jeder plötzlich eine fähige Kamera in der Hosentasche dabei. Nie war es leichter, einen Trick aufzunehmen und binnen Sekunden mit der ganzen Welt zu teilen.

Gleichzeitig schworen viele Videographen auf Kassetten-Camcorder, wie die allseits bekannte Sony VX1000. Dies führte zu einer interessanten Dynamik in der Skateboard-Video Welt. Während man im einen Moment hochkarätige Full-Length Videos in HD oder auch 4K geboten bekam, konnte man kurz darauf ein ebenfalls neulich veröffentlichtes Video, in 4:3 mit einer Kassette gefilmt, anschauen.

Skate Videos Heute

Aufgrund von Social-Media landen immer mehr gefilmte Tricks im 9:16 Format auf unseren vertikalen Smartphone-Bildschirmen. Man kann problemlos den ganzen Tag damit verbringen Skateboard-Clips zu schauen.

Auch wenn konventionelle Video-Parts, beziehungsweise Full-Lengths, im Bezug auf Marketing wohl überholt sind, haben sie heute für (Pro-)Skater einen vergleichbar hohen Stellenwert, wie ein Album für einen Musiker. Klar kann man mal eben den fetten Kickflip auf Social-Media teilen, aber der Trick für den man sich wirklich den Hintern aufgerissen hat, spart man sich dann für seinen Part. Dieser wird dann mit passender Musik und ordentlichem Editing untermalt, um ihn voller Stolz Freunden, Familie, oder auch dem nächsten Date präsentieren zu können.

Auch wenn die Signifikanz der Skateboard-Videos nicht mehr da ist wo sie mal war, wird es interessant sein zu sehen, wie sich die Videographie mit dem Einfluss von TikTok, Instagram und co anpassen wird.

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